Prof. Dr. Holger Kersten
Anglistik/Amerikanistik
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Institut für Anglistik und Amerikanistik

 
 
 

Beispiele für eine Evaluation von Referaten:

Beispiel 1

Beispiel 2

 
 
 

Beispiel 1:

PS: Individuality and Belonging in Selected Plays by 20th Century American Dramatists
Dozent: Dr. Holger Kersten -- SS 1999

Angefertigt von: Kristina K___, Tatjana E___ Datum: 08.06.99

Beurteilung der Referate zu Arthur Miller

Vortragsgruppe I:
Millers Biographie (vorgetragen von Kirsten S___)

I. Vortrag

1) Gute Verständlichkeit und angemessene Geschwindigkeit ermöglichen ein problemloses Verfolgen des Vortrags. Auch der Umfang entsprach dem zeitlichen Rahmen und das Bemühen, den Kontakt zu den Zuhörern herzustellen, war klar zu erkennen.

2) Es wurde eine gut ausgewogene Auswahl an Informationen über persönliche und schriftstellerische Daten gegeben, allerdings litt die inhaltliche Qualität ein wenig unter gewissen sprachliche "Unebenheiten".

II. Handout

Die gute Gliederung ermöglicht einen optimalen Überblick über Millers Lebensdaten, die übersichtlich chronologisch angeordnet sind. Hinsichtlich der formalen Konventionen hätten aber die Titel der Theaterstücke kursiv gedruckt bzw. unterstrichen werden müssen.

III. Weitere Bemerkungen

Warum enden die Angaben zu Millers Leben im Jahre 1980 ?

Millers dramatisches Werk (vorgetragen von Susanne B___)

I. Vortrag

1) Durch sehr freies und sicheres Sprechen war der Vortrag sehr gut verständlich; dennoch wären zusätzliche Sprechpausen angenehm gewesen, da der Informationsgehalt sehr hoch war. Gut getroffene Auswahl an Fakten, indem nicht einzelne Werke Millers, sondern Einflüsse seines Lebens auf diese besprochen wurden. Das lebhafte Bemühen, das Wissen zu vermitteln, ist durch Blickkontakt deutlich erkennbar und gelungen.

2) Interessante Gliederung wird durch einleitende Erklärung der Gründe für die Auswahl der Punkte erreicht, was das Verstehen der nachfolgenden Ausführungen sehr erleichtert hat. Zusammenfassung nach "Personal Experiences" war hilfreich. Warum nicht auch eine Gesamtzusammenfassung? Sekundärliteratur wurde durch eine sehr gute Integration von anschaulichen Zitaten in den Vortrag eingebunden. Es sind jedoch formelle Fehler in den Fußnoten vorhanden (Zeitschriftenartikel in Anführungsstrichen und Buchtitel kursiv bzw. unterstrichen).

II. Handout

Das vortragsbegleitende Handout war sehr übersichtlich. Die Hauptpunkte waren markiert und durch stichwortartige Formulierungen sehr gut mitverfolgbar.

III. Weitere Bemerkungen

- Form der Quellenangabe! siehe Kritik der Fußnoten
- Handout sollte Seminartitel tragen

IV. Gesamteindruck (betrifft beide Referate)

- vorgegebene Vortragszeit gut eingehalten (20 Min)
- guter allgemeiner Überblick zum Thema mit Einbeziehung relavanter Detailinformationen
- Vortrag optimal auf Handout abgestimmt

Vortragsgruppe II:

Interpretation des angebenen Textausschnittes aus Death of a Salesman (Akt II)
(Christel H___ und Corinna P___)

I. Vortrag der ersten Referentin (Christel H___)

1) Die stockende Vortragsweise erschwerte dem Zuhörer ein konzentriertes Aufnehmen des Gesagten. Die inhaltliche Zusammenfassung ist zwar lobenswert, fiel aber zu umfangreich aus. Leider war kaum Blickkontakt zur Zuhörergruppe vorhanden, obwohl der Eindruck entstand, daß freies Sprechen problemlos möglich gewesen wäre.

2) Die Entscheidung, die Gliederung des Referats am Aspekt "Time Sequences" zu verankern, gab der Analyse eine überzeugende Basis. Allerdings war das Verhältnis von reinen inhaltlichen Informationen und analysierender Textarbeit nicht ausgewogen: die Textparaphrase nahmmehr Zeit ein als die Interpretationsansätze (vgl. Handout). Aus diesem Grunde konnten interessante Punkte, wie z.B. Williams' Einsatz von Licht- und Toneffekten ausreichend vertieft werden.

II. Handout

- es fehlt der Handout-Kopf: Datum, Kursname, Dozent, Referenten
- Einteilung nach "Time Sequences" sehr gut, aber augenfälligere Hervorhebung dieser wäre vorteilhaft
- auf Richtigkeit des Inhaltes achten (naked, silk stockings, bathroom/washroom)
--> Ein sehr ausführliches Handout, was für späteres Nachlesen nützlich ist, bringt gleichzeitig mit sich, daß die Aufmerksamkeit auf den eigentlichen Vortrag geschwächt wird. Der Zuhörer versucht mitzulesen (Blickkontakt kaum möglich), da die Wortwahl des Vortrags mit der des Handouts identisch ist. Vorschlag: Handout erst nach dem Vortrag verteilen.

III. Hinweis

- Der Versuch, nah am Text zu arbeiten, ist lobenswert, doch dadurch blieb zuwenig Zeit für Interpretationsansätze
- gut analysiert waren hingegen die ausgeführten Einzelaspekte: "stokings", "driving/driven"
- vertiefende Aussagen wären zum Referatszentrum "Time Sequences" möglich gewesen; Vater-Sohn-Verhältnis blieb völlig unberücksichtigt

I. Vortrag der zweiten Referentin (Corinna P___)

1) Verständlichkeit wurde durch fehlende Orientierungshilfen am Text eingeschränkt;
2) Kurze Zusammenfassung zum vorher referierten Themenaspekt als Einleitung war hilfreich;
3) Charakterisierung und "American Dream" sind wichtige Punkte, die aber in einen Zusammenhang gebracht werden müßten. Aussagen über Charaktere hätten am Text belegt werden sollen.

II. Handout
- warum gab es keins?

III. Gesamteindruck (betrifft beide Referentinnen)

- bessere Zeitaufteilung wünschenswert (30 Min sind zu lang)
- Themengebiete hätten besser aufeinander abgestimmt werden können (Inhalt-Charaktere), denn so wirkte Teil II weniger bedeutend und erinnerte eher an einen "Nachklapp".

 
 
 

Beispiel 2:

PS: Individuality and Belonging in Selected Plavs by 20th Century
American Dramatists -- SS 1999
Leitung: Dr. Holger Kersten -- Datum: 22. Juni 1999
Verfasserinnen: Daniela R___ und Christina L__

Beurteilung der Referate in der Sitzung zu Edward Albee

Vortragsgruppe I:
1. Die Biographie Edward Albees (Finn J___)

a) Handout:
+ gutes Schriftbild, insgesamt übersichtlich
+ Verbesserungsvorschlag: Text gegenüber Jahreszahlen einrücken, um noch mehr Klarheit zu erreichen

Kritik:
- Titel der Werke auf dem Handout sowie im Literaturverzeichnis müssen entweder unterstrichen oder kursiv gedruckt werden!!!
- Bei der Darlegung der Biographie darf kein Zeitwechsel stattfinden (entweder Präsens oder Vergangenheit).

b) Vortrag:
- der Vortragende ist um eine deutliche, langsame Aussprache bemüht
- anfangs bestand das Bemühen, Augenkontakt mit der Zuhörergruppe herzustellen, später erfolgte jedoch eine zu starke Orientierung am Paper
- Nervosität äußerte sich deutlich in der Körpersprache
- gelegentliche sprachliche Unsicherheiten (Wortschatz: manchmal fehlte das richtige Wort)
- Vortrag wirkte aufgrund gleichbleibender Intonation wenig abwechslungsreich
- Verbesserungsvorschlag: Informationsgehalt (besonders Detailinformationen wie z. B. Schulnamen) auf dem Handout reduzieren, da dies zum einen die Übersichtlichkeit verbessert und zum anderen ein freies Sprechen fördert

Kritik:
- Namen anderer Autoren und Fachtermini wie die Namen verschiedener Auszeichnungen müssen erklärt werden, da die Zuhörer in der Regel nicht über den Wissensstand des Referenten verfügen.
- Der Bezug zwischen Leben und Werk wurde nicht deutlich, da die reine Auflistung von Daten nur zum Teil durch persönliche Erfahrungen des Autors ergänzt wurden.
- Es fehlte ein Schlußteil, der den Vortrag abgerundet hätte (z. B. Informationen über Albees augenblickliche Tätigkeit); sinnvoll wäre allerdings auch eine Überleitung zum zweiten Referatsteil gewesen.

2. Edward Albee: Das dramatische Werk (Oliver B__)

a) Handout:
- positiver optischer Eindruck
- manche Punkte wirkten etwas zu knapp bzw. losgelöst von vorhergehenden/nachfolgenden Punkten
- positiv: Textzitate auf dem Handout führten zu einer besseren Verständlichkeit und verstärkten den Eindruck einer wissenschaftlichen Arbeitsweise

b) Vortrag:
- freier und gut verständlicher Vortrag, angemessene Geschwindigkeit, häufiger Blickkontakt
- Aufmerksamkeit der Zuhörer könnte durch Variation im Tonfall gesteigert werden
- besonders positiv: die förmliche Einleitung und Zusammenfassung gaben dem Vortrag eine abgerundete Form
- Hinweis auf Sekundärliteratur trug zum Verständnis bei
- bereichernd war auch der Versuch, mit einem eigenen Interpretationsansatz am Ende (Verbindung zu anderen Autoren) eine Basis für eine thematische Diskussion zu schaffen

Kritik:
- Die Stichpunkte auf dem Handout wurden zwar durch zusätzliche Informationen ergänzt, doch fehlten Überleitungen zu den einzelnen Punkten.
- Die übergreifenden Themen in Albees Werk hätten besser herausgearbeitet werden können.

3. Gesamteindruck
- keine Interaktion zwischen den beiden Referenten
- es fehlten überleitende Elemente (kein gemeinsames Konzept?)

Vortragsgruppe II:

Interpretationsversuch eines vorgegebenen Ausschnittes aus dem 1. Akt von Albees Who's Afraid of Virginia Woolf?

1. Einleitung (Jan L___)
- freier Vortrag, guter Blickkontakt, angemessene Geschwindigkeit: insgesamt eine gute Einleitung

Kritik:
- Inhaltsangabe enthielt bereits Interpretationsansätze
- zu lässiges Auftreten vermittelte Eindruck mangelnder Ernsthaftigkeit

2. Überleitung (Jürgen S___)
- freier Vortrag, guter Blickkontakt, angemessene Geschwindigkeit: gelungene Überleitung

Kritik:
- Arbeitsanleitung war unklar

3. Konzept
- Methode nicht gut genug durchdacht (Zeit/Arbeitsaufwand !!!)
- Gruppenaufteilung erfolgte willkürlich und war nicht aufgrund inhaltlicher Gesichtspunkte motiviert
- auf Beiträge der Seminarteilnehmer wurde nicht genügend eingegangen, da die Referenten an ihrem Konzept festhielten und nicht genügend Flexibilität zeigten
- das Ziel des Arbeitsauftrages (Charakterisierung der Figuren) im Hinblick auf die Interpretation des Werkes wurde nicht deutlich
- es wurde keine textimmanente Arbeit am vorgegebenen Stück geleistet; statt dessen wurden Aspekte eines Stückes (An American Dream) vorgebracht, das der Gesamtgruppe nicht bekannt war;
- es wurden Begriffe in den Raum gestellt ("American Dream"), die eher verwirrten, als daß sie zur Interpretation der zu analysierenden Szene beitrugen
- die Seminarteilnehmer erfuhren nichts über die Aspekte, für die Albees Werke bekannt sind (z. B. die Wirkung psychologischer Mechanismen, die Darstellung des Verfalls der Kommunikation, der Gebrauch von Sprachspielen und Sprachwitz).

FAZIT: Es hat sich gezeigt, daß eine "Experimentalstunde" dieser Art eine gründlich durchdachte Vorbereitung sowie eine flexible Haltung der Referenten erfordert. Wenn diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, ist der Nutzen des Vortrages für die Seminarteilnehmer zu gering.

 
 
  Version vom 30.08.2018